Grundgesetz

Verfassungsauftrag und Verfassungswirklichkeit

In der Familie sollen Kinder zu freiheits- und demokratiefähigen Erwachsenen erzogen und befähigt werden, sich gestaltend in größeren Gemeinschaften zu bewähren. Gesellschaft und freiheitliche Demokratie brauchen ein Gerüst gemeinsamer Überzeugungen, Ziele und Normen, ein gemeinsames Verständnis von Pflichten und Rechten. Diese Voraussetzungen kann nur die Familie schaffen.

Dies begründet Verpflichtung und Auftrag für den Staat, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Familie befähigt wird, ihre Funktionen zu erfüllen, und dass sie in ihrer freien Entfaltung und Eigenständigkeit nicht beeinträchtigt oder benachteiligt wird.

Der Deutsche Familienverband bezieht sich in diesem Zusammenhang auf Artikel 6 des Grundgesetzes, der als Grundsatznorm den Maßstab für alle die Familie in ihrem grundrechtlichen Wesensgehalt betreffenden Gesetze und Ordnungsentscheidungen setzt. Als einziges der Grundrechte (Artikel 1 bis 19) stellt Artikel 6 auf eine Gemeinschaft, nicht auf ein Individuum ab und formuliert zugleich einen besonderen Schutzauftrag.

Als unantastbares und unabänderliches Grundrecht (vgl. Artikel 19 Abs. 2 GG) garantiert Artikel 6 der Familie als Lebensgemeinschaft mit der Erziehungsverantwortung für Kinder vor allem Autonomie gegenüber staatlichen Eingriffen. Das Grundgesetz sichert damit in bewußter Abkehr von der staatlichen Allzuständigkeit totalitärer Systeme und einer Funktionalisierung für bevölkerungspolitische Zwecke der Familie einen privaten Schutzraum, in dem Kinder sich in einer staatsfernen und von persönlicher Zuwendung durch die Eltern geprägten Kindheit entwickeln können.

Über das Eingriffsverbot hinaus stellt Artikel 6 – in Verbindung mit dem Grundrecht auf freie persönliche Entfaltung (Art. 2 Abs. 1) und dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1) – einen Anspruch der Familie an die staatliche Ordnung dar, aktiv und ändernd in Rahmenbedingungen einzugreifen, die die Übernahme der Erziehungaufgabe erschweren und die Entscheidung für Familie gegenüber Lebensentwürfen ohne Kinder benachteiligen. Artikel 6 gebietet familiengerechte Ordnungen überall dort, wo familiäre Belange betroffen sind. Nicht zuletzt dem Bundesverfassungsgericht obliegt es, kontinuierlich den Verfassungsauftrag des Artikels 6 mit der Verfassungswirklichkeit für Familien abzugleichen, z.B. in Bereichen wie der Steuer- und Sozialgesetzgebung.

Gemeinsam mit der Familie stellt Artikel 6 auch die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Die Verfassung erkennt damit die besondere Schutzwürdigkeit und die besondere Funktionalität von Familienrechtsbeziehungen an, die – auch wenn das personale Zusammenleben scheitert – grundsätzlich lebenslang Rechte und mehr noch Verantwortung und Pflichten entstehen lassen und damit die Gesellschaft von Leistungen entlasten, die sie für Menschen ohne den rechtsverbindlichen Rückhalt der Ehe gegebenenfalls erbringen muss.

Die rechtliche Verbindlichkeit der Ehe legt nach Auffassung des Deutschen Familienverbandes das Fundament für eine auf Dauer angelegte Familiengemeinschaft und sichert damit eher als andere Lebensformen Kontinuität für die freie Persönlichkeitsentfaltung von Kindern und ihre Entwicklung in Geborgenheit. Die Schutzansprüche von Ehe und Familie stehen deshalb nicht in Konkurrenz zueinander. Tatsächlich stellt die eheliche Familie nach wie vor die bei weitem mehrheitliche Familienform dar.

Der Deutsche Familienverband hält daher den verfassungsrechtlichen Normenkern nicht für verhandelbar. Eine Aufweichung oder Umdefinierung dieses Normenkerns würde letztlich den Schutz der Institution Familie und die politische Bindewirkung des Verfassungsanspruchs zu Lasten aller Eltern und Kinder schwächen – auch derjenigen, die nicht in einer auf Ehe gegründeten Familie leben.

Vor diesem Hintergrund steht der Deutsche Familienverband einer Einbeziehung von Lebensgemeinschaften, die sich bewußt gegen die Rechtsverbindlichkeit einer Ehe entscheiden, in den verfassungsrechtlichen Schutzanspruch kritisch gegenüber. Dies schließt nicht die Tolerierung anderer auf Dauer angelegter Lebensgemeinschaften aus, die ebenfalls zwischenmenschliche Zuwendung und Solidarität leben. Schon Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes, der die freie Entfaltung der Persönlichkeit garantiert, schützt nichteheliche Partnerschaften vor Diskriminierung. Der Gesetzgeber kann auch ohne Verfassungsänderung berechtigten Ansprüchen dieser Lebensgemeinschaften bei gleichzeitiger Einbindung in entsprechende Pflichten in der einfachen Gesetzgebung Rechnung tragen, wenn es gewünscht wird.

Mit Blick auf die Kinder aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften und auf alleinerziehende Eltern bekennt sich der Deutsche Familienverband jedoch eindeutig zum Schutzanspruch des Artikels 6 Abs. 5 Grundgesetz, der ein klares Diskriminierungsverbot für nichteheliche Kinder enthält.

Mit Blick auf den Schutz des ungeborenen Lebens (siehe auch Artikel 2 Abs. 2 Grundgesetz) setzt sich der Deutsche Familienverband dafür ein, Voraussetzungen zu schaffen, die Müttern und Vätern die Entscheidung für ein Kind ermöglichen.

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